Vielgefragt – Der Unterschied zwischen Gin und Genever

Wohl die meisten Gin-Trinker wissen, dass Gin und Genever in irgendeiner Art und Weise verbunden sind und diejenigen, die sich bereits in das Thema eingelesen haben, können berichten, dass der Genever als Urvater des Gins gilt. Aber wieso das so ist und wo der tatsächliche Unterschied der beiden wacholderhaltigen Spirituosen liegt, werden wir hier kurz erläutern.

Wie der holländische Genever zu den Briten kam

Von 1568-1648 tobte ein erbitterter Kampf zwischen Spaniern und Holländern, da sich die protestantischen Niederländer von der katholischen Übermacht der Spanier abkapseln wollten um zu Unabhängigkeit und Religionsfreiheit zu gelangen. Und wie so oft brachte der Krieg auch hier nicht nur Leid und Trostlosigkeit hervor, sondern auch eine Vermengung der Kulturen. Denn als die Niederländer gegen die Spanier in den Religionskrieg zogen, unterstützten die anglikanischen Engländer die protestantischen Niederländer. Neben religiösen fand man auch in trinktechnischen Fragen rasch zu einer Einigung und nach Beendigung des Krieges segelten die Engländer mitsamt dem niederländischen Nationalbrand Genever wieder in die Heimat zurück.

Dort entwickelte man in den folgenden Jahren nicht nur die Leidenschaft für den Wacholderbrand weiter, sondern auch die zugehörigen Destillationstechniken. Und nicht nur das: dank Wilhelm von Oranien-Nassau, der zugleich König von Großbritannien war, gelang der Spirituose ein noch größerer Aufschwung, denn Wilhelm belegte französische Importe (so auch Cognac) mit solch hohen Einfuhrzöllen, dass seine Untertanen sich diese nicht mehr leisten konnten. Genever, der Brand aus Wilhelms Heimat, war demgegenüber viel kostengünstiger und avancierte somit zum meist getrunkenen Destillat. Und damit die Englänger nicht ständig über das Wort Genever stolperten, wurde daraus alsbald das abgekürzte Wort „Gin“.

In den Folgejahren überholte sich Gin beinah selbst, als Massenalkoholismus und der berühmte „Gin Craze“ die englische Lebensweise mitprägten. Die darauf folgenden Gin Acts sollten viele Jahre später per Gesetz den Gin Konsum regeln und in maßvolle Bahnen lenken. Infolgedessen sonderte sich der Gin vom Genever ab, gesüßte Old Toms und herbe London Drys entstanden als Gin Stile und prägten das Bild des Gins, wie wir es heute kennen, maßgeblich mit.

Doch wo ist nun der Unterschied zwischen Gin und Genever anzusetzen?

Auf den Punkt gebracht ist Genever ein Getreidebrand, der meist aus Roggen, Gerste und Weizen entsteht und dabei ursprünglich (wie viele andere Spirituosen und Getränke) einen medizinischen Ursprung hatte. Wie beim Gin, so wandern auch in den Genever allerlei Aromata wie Kümmel, Anis, Dill, Kardamom und selbstverständlich Wacholder (das flämische Wort für Wacholder heißt „jenever“; auf Französisch „genièvre“). Die Zugabe von Botanicals diente dabei einerseits, wie bereits erwähnt, medizinischen Gründen (Wacholder war in früheren Zeiten sogar als Mittel gegen die Pest geführt worden). Andererseits konnten die Düfte und geschmacklichen Ausprägungen der Kräuter, Gewürze und Beeren den damals noch deutlich herberen Geschmack des gebrannten Alkohols übertönen, bzw. verdecken.

Obwohl Gin und Genever durchaus geschmackliche Überschneidungen aufzeigen (insbesondere was die geschmackgebenden Botanicals von Wacholder bis zu Angelika, Ingwer, Kardamom und Koriander angeht), so gibt es doch bedeutende Unterschiede bezüglich der Herstellung. Der Grundalkohol des Genever ist ein sogenannter malt wine, eine Getreidemaische wie wir sie beispielsweise aus der Whisky-Produktion kennen. Diese Maische wird nach einer dreijährigen Lagerung in Eichenholzfässern mit einem Destillat zusammengeführt, das mit allerlei Kräutern und Gewürzen sowie Früchten angereichert wurde. Das Malz wird also letzten Endes mit einer Art Gin vermengt. Und wie beim Gin, so existieren auch beim Genever unterschiedliche Sorten (Jonge, Oude, Graan etc.), die sich unter anderem durch den Anteil an Malt Wine voneinander unterscheiden. Übrigens meint Genever keine feste Herkunftsbezeichnung, wenn auch die Tradition (und Qualität) der belgischen und niederländischen Spirituosen meist anderen Genevern vorzuziehen ist.

Und Gin? Dieser wird aus Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs gewonnen. Meist handelt es sich dabei um Weizen oder anderes Getreide, doch auch Kartoffeln (Bavarka Gin), Weintrauben (G‘Vine aus Frankreich) und sogar Äpfel können die Basis bilden (Cap Rock Gin). Dieser Neutralalkohol wird in einem zweiten Destillationsgang (beim London Gin) mit Aromen aus Wacholder und anderen Botanicals angereichert. Auch sind die Anforderungen, was den Zuckergehalt, Farbstoffe und Ähnliches angeht beim London Gin deutlich strenger.

Wie genieße ich meinen Genever?

Genever kann durchaus in Cocktails und Longdrinks genossen werden, beispielsweise mit Zuckersirup, Orangensaft, Limettensaft und etwas Würzbitter. Es gibt viele interessante Mixdrinks mit Genever, doch meist wird er in seiner ursprünglichen Heimat pur und gekühlt genossen.